Medium | CD |
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Künstler / Autor | Stoppok |
Veröffentlichung | 09.02.2024 |
Teaser / Slogan | Das 20. Studioalbum: So viel Poesie-Fachkraft ist selten in diesem Land der Achtsamkeit |
Artikelbeschreibung
Aus dem Presstext:
Fachkräftemangel, wohin man hört und jammert. Jetzt hat’s – und das konnte in diesen Tagen wirklich niemand erwarten – auch die Hölle erwischt. Trotz optimaler Auslastung ist der Chefkoch verschwunden. Allerdings: „In Teufelsküche brennt noch Licht“. So heißt der Eröffnungssong von Stoppoks neuem Studioalbum „Teufelsküche“ (Glitterhouse). Olli Schulz, Cäthe, Alin Coen, Hannes Ringlstetter und Fortuna Ehrenfeld schließen mit ihren Gastauftritten einen überzeugenden Freundeskreis.
Es ist das 20. Studioalbum bei insgesamt 25 Veröffentlichungen, die den Hamburger mit Ruhrpott-Prägung als herausragenden Singersongwriter des Landes ausweisen. „Teufelsküche“ unterstreicht: So viel Poesie-Fachkraft ist selten in diesem Land der Achtsamkeit. Stoppoks Antwort auf den Teufelskreisverkehr bleibt der positive Blick auf die göttliche Komödie des Lebens. Geerdet, gecheckt und gelöst. Authentische Töne, die einfach gut tun. Als Gitarrist und Multiinstrumentalist ist Stoppok ohnehin meisterlich unterwegs.
Die neuen Stücke hat Stoppok in vorpandemischen Zeiten „ganz entspannt“ zu schreiben begonnen. Zu den aktuellen pan-dämlichen (sic!) Zeiten passen sie freilich geradezu hellseherisch. Möglicherweise liegt das aber auch am Mensch an sich. Unsere Lernkurven könnten ja durchaus steiler sein. Nur so ist es sich zu erklären, dass sich auch der Song „Im Wartesaal zum großen Glück“ nahtlos einfügt, obwohl er ein Cover ist. Das chansonhafte Original ist so alt wie Stoppok selbst, wurde von Walter Andreas Schwarz, einem Holocaust-Überlebenden und KZ-Häftling, als erster deutscher Beitrag beim Eurovision Song Contest 1956 präsentiert und beschwört die Unfähigkeit der Leute, im Hier und Jetzt glücklich zu sein. „Diese armen, armen Leute“, lautet das Resümee.
Stoppok singt „Im Wartesaal zum großen Glück“ im fein ausbalancierten Duett mit Alin Coen. Wie überhaupt der Gastgeber der großartigen „Artgenossen“-Abende ursprünglich vorhatte, ein reines Duo-Album einzuspielen. Der Plan wurde geändert, aber es finden sich auf „Teufelsküche“ immer noch – Alin Coen inklusive – vier reizvolle Vokalbegegnungen. Cäthe greift auf „Wer du wirklich bist“ mit heiserem Janis-Joplin-Appeal den fiebrigen Ruf nach Freiheit auf, Olli Schulz zieht uns bei „Hier gibt’s nix zu sehen“ in den triebhaften Katastrophen-Voyeurismus, Hannes Ringlstetter und Fortuna Ehrenfeld machen sich mit Stoppok ihren fröhlichen Kinderreim auf den vermeintlichen Untergang: „Wir pfeifen auf dem letzten Loch, aber solange wir noch pfeifen, geht’s ja noch.“
Ja, im Verdrängen sind wir Weltmeister. Deshalb gibt’s „Vom Tod kein Wort“, solange wir streben und leben. Stoppok hat diesen Text konsequenterweise vor seinem Herzinfarkt 2021 geschrieben. Die Ironie macht auch vor dem eigenen Autor nicht Halt. So gießen die Songs den Weltschmerz der Zeit in satanische Verse und fröhliche Visionen, denn: „Wenn auch der Teufel nicht mehr sicher ist, kommt das Ende ziemlich sicherlich auf uns zu“.
Himmel und Hölle, Lust und Laune werden frisch und frech erhitzt. Das oszilliert transparent zwischen allen Soundarten des Rock, Blues und Folk, atmet den Sound der Straße und kommt sinnenreich und sinnvoll zur Sache. Leichtigkeit mit Bodenhaftung. Das gilt für die Texte wie für die Musik, dazu schmirgelt Stoppok mit seiner typischen Stimme sensibel wie selten über die Krisengebiete des Daseins hinweg. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn der ein oder andere Song nicht in die Kategorie „Lieblingslied“ aufsteigen würde.
Das Album „Teufelsküche“ ist auch eine gezielte Antwort auf die allgegenwärtige Seuche des digitalen Überschminkens. Das Ehrliche zählt – bis hin zum Cover-Foto von Legende Jim Rakete. Stoppok wählte bei den Aufnahmen mit seinen Langzeitpartnern Reggie Worthy (b) und Sebel (keys) sowie unterschiedlichen Gast-Drummern den Rückgriff auf analoge Technik mit Bandmaschinen. Wider die „technische Völlerei“ lautet die Devise, Songs – „für den Moment“ eingespielt. Punktlandungen aus Überzeugung. Raus aus dem Digital der Tränen! Kein Rumbasteln! Retro ist die Zukunft! Und das funktioniert bestens. „Das Optimale“, sagt Stoppok, „ist, die Live-Energie und Dynamik einer Band im Studio herzustellen. Das ist eine Kraft, die es zu erhalten gilt. Das Verbindende der Musik, die nur über Direktheit erzielt werden kann, fehlt einfach aktuell“. Er schätzt „volles Risiko“ und Spontaneität, auf der Bühne als Entertainer der Extraklasse, aber auch im Studio.
Mag die Welt der KI gerade auch den Tabernakel bauen: Die Antwort auf Künstliche Intelligenz ist Künstlerische Intelligenz. Sie ist weder ersetz- noch programmierbar. Weil sie nicht Vorhandenes wiederkäut, sondern aus dem inneren Antrieb Neues schafft, Traditionen umarmt, Gegenwart begleitet, Zukunft denkt. Willkommen in Stoppoks Kosmos.
Auf den Kompass des vielfach Ausgezeichneten (Musikautorenpreis der GEMA, Weltmusikpreis RUTH, Deutscher Kleinkunstpreis) kann man sich weiterhin fest verlassen. Er bleibt optimistisch, unangepasst und freut sich – auch wenn das jüngste Album „Jubel“ auf Platz 4 der Charts eingestiegen war – über eine Karriere „unterm Radar, wunderbar“. Er möchte in der Fake-Fülle falscher Gefühle Gegengewichte platzieren: „Idealismus lohnt sich immer.“ Auch in diesen dauererregten Zeiten voller Verwirrungen und Verirrungen, die sich in erschreckend humorfreien Zonen verlieren.
Aber, beim hl. Konfusius, wofür haben wir denn kluge Beobachter von Themen und Tollheiten unserer Tage? „Kommt mal alle wieder runter“ empfiehlt Stoppok, der pointensichere Sprachbildhauer, in einem der elf Lieder auf „Teufelsküche“ allen Hardlinern der Herzen, wohl wissend, dass im entscheidenden Moment wieder keiner die Leiter halten will. Die „Dumpfbacke“, die Stoppok als Reizfigur vor 30 Jahren in die Welt setzte, wird jetzt ergänzt durch den „Klugscheißeralarm“. Gibt’s da keine Erklärung folgt die „Theorie der Verschwörung“.
Staunend beobachtet der Geschichtenerzähler in der Gesellschaft „eine Entfremdung von uns selbst“. Als reflektierender Optimist ist er weiter davon überzeugt, dass Denken nichts Glückssache ist, sondern uns weiter hilft. Besonders, wenn Mensch und Planet – wie gegenwärtig – zu erhöhten Temperaturen neigen. Also: Cool bleiben, Kurs halten. Stoppok reagiert mit Humor und Hoffnung: Er ist noch ganz bei Trost. Bei Zuspruch auch. Denn das Hirn bewegte er schon immer zu einem großen Herzen.
Im Fall von „Teufelsküche“ führt das zu zwei wunderbaren Liebesliedern. „Nicht das was ich brauch“ beschwört den Widerspruch als Reibungshitze. Die berührende Herbstballade „Wo man hingehört“ führt in die warme Herzkammer, wo „keiner mit einem einfalsches Spiel spielt“ und das zärtliche Gefühl zuhause ist. Der finale Satz auf diesem Album, begleitet von einem offenen Gitarren-Akkord und akuter Gefahr, von Tränen gerührt zu werden.
Der Weg zur Hölle (und zu Fachkräften) ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert. Oder mit guten Songs.
- 1. In Teufelsküche brennt noch Licht
- 2. Wer du wirklich bist feat. Cäthe
- 3. Hier gibts nix zu sehn feat. Olli Schulz
- 4. Klugscheißeralarm
- 5. Vom Tod kein Wort
- 6. Nicht das was ich brauch
- 7. Wir pfeifen (Das letzte Loch) feat. Ringlstetter/Fortuna Ehrenfeld
- 8. Krude Gedanken
- 9. Kommt mal alle wieder runter
- 10. Im Wartesaal zum großen Glück feat. Alin Coen
- 11. Wo man hingehört