Alexander Scheer singt Gundermann

LP, GUNDERMANN - Die Musik zum Film

39,95 € Inkl. 19% MwSt., zzgl. Versandkosten
Nicht lieferbar
Artikelnr.
00671
Mehr Informationen
Medium LP
Künstler / Autor Alexander Scheer und Band
Veröffentlichung 23.08.2018
Teaser / Slogan Alexander Scheer singt Gundermann
Schreiben Sie eine Bewertung
Deine Kundenmeinung zu:LP, GUNDERMANN - Die Musik zum Film

Artikelbeschreibung

++ 23.08.2018 ++ Kinostart ++ Gundermann-Der Film ++ Soundtrack zum Film
Mehr als ein Dutzend Lieder von Gundermann hat Alexander Scheer für den Kinofilm komplett neu eingesungen, auf kongeniale Weise unterstützt von einer Band, die lange Jahre gemeinsam mit Gisbert zu Knyphausen auf Konzertbühnen und in Studios stand.

Zusammen greifen sie behutsam Gundermanns poetische Kraft, Geist und Haltung auf, folgen und modulieren deren Kern und finden dafür klare, durchsichtige Arrangements und Sounds. Das Ergebnis ist herzzerreißend wie herzerwärmend in einem. Man wird es sehen und hören.

INTERVIEW MIT ALEXANDER SCHEER (GERHARD GUNDERMANN)

Herr Scheer, Hand aufs Herz: Bruce Springsteen oder Bob Dylan?

Dylan! Springsteen hat auch seine tollen Platten, aber nee, für mich ist es Dylan!

Sie wissen, worauf diese Frage abzielt?

Ich spüre, was ich ahne. Hab‘ mir einfach erlaubt, dem Drehbuch etwas hinzuzufügen. Ich sag‘ zu Andi: Also, wenn Gundermann hinter der Bühne schon mal so dicht an Dylan dran ist, dann muss er doch mit ihm sprechen! Und die Szene schafft ja auch Identifikation. Dylan kennt jeder! Aber wer ist der Typ mit der Brille?

Es scheint, als hätten Sie mit der Figur des Gerhard Gundermann überhaupt nicht gefremdelt. Haben Sie mit ihr gerungen?

Zunächst: Als ich hörte, dass Andreas Dresen den Gundermann verfilmen will, hab‘ ich sofort große Ohren bekommen. Den einen, also Dresen, kannte ich mehr als den anderen. Als die Mauer fiel, war ich 14, da habe ich mich mit den Stones, Hendrix und Zappa eingedeckt, nicht mit einem Liedermacher. Der war mir einfach zu ostig und klang auch so. Erst als die Anfrage kam, habe ich mir den ersten vollen Gundermann-Song gegeben. Es war „Gras“. Danach ging sofort das Memo an Andi Dresen raus: „Ich spiel‘ dir den mit allem, was ich habe.“

Wie lief das erste Treffen mit Andreas Dresen?

Ich erschien zum Termin mit Brille und selbstgebastelten Gundi-Zähnen. Ich hatte teilweise auch schon den typischen Gundermann-Slang drauf. So was wie: „Die Größe der aufgerissenen Klappe muss immer proportional zur Arbeitsleistung sein!“ Da ist der Dresen aber nicht sonderlich drauf angesprungen.

Dass Sie die Rolle tatsächlich bekommen haben, hat kaum jemanden überrascht.

Nee, nicht einmal Schauspielerkollegen. Alle schienen immer schon mehr zu wissen, als ich selbst.

Wann hat sich zwischen Ihnen und Gundermann Nähe eingestellt?

Die war vom ersten Song an da. Es lag am Ton, der mir nicht fremd war, an der Atmosphäre in den Texten seiner Lieder. Die haben mich seltsam berührt und mich daran erinnert, wo ich herkomme. Der Rest kam dann beim Lesen über ihn: Conny, die Liebe seines Lebens, das Baggern, die Stasi.

Sind Sie nicht irgendwann im Material ertrunken?

Ach, es kann nie zu viel sein! Nur die Zeit wurde ziemlich knapp. Ich war 2017 ja gerade dabei, mit Castorf die letzte Spielzeit an der Berliner Volksbühne abzufackeln und hatte im Sommer mit Moliere noch ein Gastspiel in Avignon. Kurzum: Es blieben bis zum Drehbeginn nur knapp sechs Wochen, die Rolle vorzubereiten. Sechs Wochen, um mir die komplette Gundermann-Motorik draufzuschaffen, in seine Denke reinzukommen, mit dem Drehbuch zu arbeiten und 18 Songs einzustudieren.

Jetzt sind Sie in GUNDERMANN in fast jeder Szene zu sehen. Ein Ritt, meint Ihr Regisseur …

Da hat er recht! Aber ich habe nun mal eine Riesenfreude daran, mich in eine Figur hineinzugraben. Denn auch ich will von jedem Film was haben, was ich nicht vergesse. 13 Stunden am Drehtag, ganze 42 Mal, quer durch zwei Zeitebenen, 18 Songs, die vorher in den Körper und die Seele gehen, im Studio aufgenommen oder am Set live gesungen werden müssen, gerne auch mit Gitarrenbegleitung – ja, das war ein straffes Programm! Schöne Überschneidung übrigens: Wie Gundermann habe ich meist nur vier Stunden geschlafen. Ich glaube, das war für mich genau die richtige Arbeitsweise. Im Gundermannschen Sinne voll auf der Überholspur. Wie hat er gesagt? „Ohne Druck, keene Braunkohle, wa!“

Sie sagen heute, Gundermann sei Ihr „Siebter Samurai“.

Ja, das ist er, in Anlehnung an Gundis dritte Platte und den Film von Kurosawa. In meiner Filmografie tummeln sich mit all den Musikern, Terroristen und alten Kommunisten einige illustre Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Und Gundermann ist jetzt meine siebte biografische Rolle … Aber das heißt eben auch jedes Mal detaillierte Recherche, immer wieder alles anzusehen, anzuhören und zu lesen, was es von den Typen gibt. Ich muss mein Material im Schlaf beherrschen, um beim Drehen einfach losspielen zu können. Du willst ja auf der Leinwand einen Menschen sehen und nicht jemanden, der sich an einem enzyklopädischen Raster entlang hangelt. Dazu muss ich aber auch alles wieder vergessen können. Nur wenn ich intuitiv auf das zugreife, was sich in meinen Filtern festgesetzt hat, kann ich frei im Moment sein.
Was waren die essenziellen Quellen?
Die Dokumentarfilme von Engel und das Interviewbuch von Schütt. All die Gespräche und das Geschriebene. Und die Musik natürlich. Am Ende waren es aber die Baggerbänder, also das, was Gundi als eine Art Tagebuch auf sein Diktiergerät gesprochen hat. Eine Woche vor Drehbeginn habe ich die bekommen. Zehn Bänder á 30 Minuten. Was für ein Zeug mitunter aber auch! Was er an Benzin tankt, wie er mit Linda spielt, manchmal ganz krude weltphilosophische Gedanken, all diese Songideen. Näher kommt man nicht an ihn ran.

Wie wichtig waren für Sie die kopierten Gundermann-Gesten, sein Schniefen, sein Gang und Dialekt, all die Äußerlichkeiten wie Zahnprothese, Nasenstifte und möglichst originale Brillenmodelle?

Na, ganz wichtig! Das sind ja die Transformationshilfen. Denn es geht mir nicht ums Verkleiden, sondern ums Verwandeln. Je mehr ich mich äußerlich verändere, desto mehr gelingt es mir, ich selbst zu sein. Ich kann mich dabei neu entdecken und selbst überraschen. Es ist also ein Umweg, über Äußerlichkeiten an etwas Innerliches heranzukommen, von dem ich bislang nicht wusste, dass ich es zeigen kann. Guck‘ doch den Gundermann an! Der ist Nase, Brille, Zähne. Da muss eben bei den Rathenower Optischen Werken nachgefragt werden, ob nicht noch so ein altes originales Brillenmodell zu bekommen ist! Da müssen wir was mit den Zähnen machen und mit der Nase!

Ging es für Sie auch darum, Gundermann gerecht zu werden?

Es ging darum, möglichst nah an ihn heranzukommen, damit man mir meinen Gundi glaubt, auch ohne dass man alles im Detail und auf Anhieb versteht. Ich habe manchmal gemerkt, wie Gundi von oben auf uns heruntergelächelt hat und es hat eben genau dann geregnet, als es regnen sollte. Als seine Tochter Linda mir beim Dreh im Berliner Frannz Club gestand, sie hätte gerade wie durch ein Zeitfenster geschaut und ihren Papa lange nicht gesehen, war das das schönste Kompliment.

Haben Sie Gerhard Gundermann Rätsel gelassen?

Das musste ich gar nicht, das haben Laila Stieler und Andreas Dresen im Drehbuch schon getan. Aber auch ich wollte ihn auf keinen Fall erklären.

Sie sagen, GUNDERMANN sei für Sie der wichtigste Film in 20 Jahren. Woran genau machen Sie das fest?

Es waren ja einige wirklich feine Sachen dabei, von „Sonnenallee“ über „Carlos – Der Schakal“ bis „Westen“ oder „Gladbeck“. Bei GUNDERMANN kommt jetzt alles zusammen: Eine Figur, die du in ihrer Komplexität in Deutschland selten zu lesen oder gar zu spielen bekommst. Ein Charakter, der Musiker war, wo ich selbst Musik wie die Luft zum Atmen brauche. Eine Geschichte, die in dem Land spielt, in dem ich aufgewachsen bin. Und dann freilich Andreas Dresen, der in seinen Filmen immer etwas zu sagen und am Set diese unbeschreiblich behutsame, freie Art des Umgangs hat.

Auf Ihr echtes Leben hochgerechnet, hätten Sie wunderbar in Dresens Film ALS WIR TRÄUMTEN gepasst. Sie waren zur Wende 14, also Teil der letzten Ost-Generation, danach in den wiedervereinigten Neunzigern mit Illusionen und Desillusionen unterwegs, mit Drogen, Techno …

Stimmt! Als ich die Buchvorlage von Clemens Meyer las, war mir diese Zeit sofort wieder präsent. Nur, dass wir eben Kids in Berlin waren, nicht in Leipzig. Aber ich bin sowieso eher ins Kino gerannt, wie ein Verrückter drei Mal in der Woche, fünf Jahre lang.

Um was zu sehen?

Alles, was jeder kleine Filmvorführer im Osten schon immer mal zeigen wollte und jetzt zeigen konnte. Retrospektiven am laufenden Band: Scorsese, Coppola, Polanski, Bergman, Nouvelle Vague, die Italiener, Fassbinder, Herzog, die frühen Klassiker von Murnau und Lang, die Western von John Ford. Das war meine Schule.

Zur Musik: Sie singen 18 Gundermann-Lieder gleichzeitig als Filmfigur und Alexander Scheer. Klingt nach einer überaus spannenden Konstellation.

War es auch! Beim Einspielen im Studio habe ich die Songs in Gundermann-Manier gesungen, was sich erstaunlich leicht angefühlt hat, weil mir der Kosmos der Texte vertraut war. Die Arrangements sind jetzt schlanker als im Original, klarer auch und entschlackter, mehr dem Lied zugewandt. Wenn wir zum Filmstart auf Tour gehen, singe ich die Lieder dann als Scheer und das wird dann auch wieder spannend.
Man trifft kaum Menschen, die über Gerhard Gundermann als Sänger und Komponist sprechen wollen. Die meisten kommen sofort auf seine Texte. Wie ist er für Sie als Musiker?
Gar kein Musiker, sondern Musikant. John Lennon ist für mich auch ein Musikant. Keiner also, der durch Virtuosität besticht, sondern einer, der das auf der Zunge hat, was er im Herzen trägt.

Ein Charaktersänger eben …

Ja, einer, der sich im Stil nie an was auch immer angepasst hat.

Haben Sie versucht zu verstehen, was ihn dazu bewogen
hat, sein tägliches Brot nicht mit der Kunst zu verdienen, sondern bis zum Ende mit dem Bagger?

Die Betonung liegt auf Versuch. Er wollte von seiner Kunst nicht finanziell abhängig sein und nicht davon, welche Lieder aus ihm herauskommen. Das Geld vom Schaufelrad sollte die Miete einbringen und das Essen. Was ich wirklich verstanden habe, ist, dass er die Arbeit dort echt gebraucht hat, obwohl sie einsam war und monoton. Die Kanzel des Baggers ist wie eine Weltraumkapsel für den Kopf. Ich kann da auch den Widerspruch verstehen, wenn er sagt: Ich baggere hier Strom. Das ist nicht schön, Heimat zu verheizen, aber wichtig, sonst gehen im Land die Lichter aus. Das Baggern ist ernste Verantwortung, die Konzerte sind freies Spiel und Reflexion. Das kannst du nicht trennen, das geht nur beides.
Wie war es denn für Sie als Stadtkind beim Dreh in der Mondlandschaft des Tagebaus?
Irre war’s! Ich wollte gar nicht mehr raus aus dem Führerstand dieses 1000-Tonnen-Monsters. Ich hab damit tatsächlich tonnenweise Braunkohle rausgebaggert! Und das macht einfach etwas mit dir dort unten, 400 Meter unter Straßenniveau!

Lassen Sie uns bitte noch über Ihre Filmpartnerin Anna Unterberger sprechen.

Unbedingt! Film ist ja ein Teamsport. Und das Ensemble, was Dresen hier versammelt hat, finde ich echt sensationell. Alles tolle Spieler! Die Beziehung zu Anna war für mich allerdings die wichtigste, denn unsere Liebesgeschichte trägt auch den ganzen Film. Für sie war es zweifellos am schwersten, den deutschen Osten in seinem Wesen zu verstehen. Anna kommt aus Südtirol und ist die jüngste der Truppe. Diese Lücke wusste sie jedoch wunderbar zu nutzen. In unserer Konstellation spiegelte sich damit auch etwas von der Realität der Porträtierten: Conny, die Unbedarfte, verliebt sich in Gundi, den Weltenerklärer. Anna hat mich stark gemacht und ich konnte stark sein für sie. Es gibt eine Szene, in der Conny klar wird, dass sie Gundi doch mehr liebt, als sie dachte. Wir stehen in der Tür der Neubauplatte und sehen uns in die Augen und der Tonmeister bricht ab, weil er sehr laute Klopfgeräusche auf einem Ansteckmikro hört. Es war der Herzschlag von Anna … Mal ehrlich, mehr geht nicht, oder?

Titelliste
  1. 1.

    A-Seite - LP 1
    01. Ich mache meinen Frieden 3.59
    02. Lancelots Zwischenbilanz I 1.20
    03. Gras (Soundtrack-Version) 3.02
    04. Vater 3.27 Gesamt: 11.48

    B-Seite
    05. Soll sein 4.33
    06. Brigitta 4.02
    07. Brunhilde (Soundtrack-Version) 6.32
    08. Linda 3.14 Gesamt: 18.21

  2. 2.

    C-Seite
    09. Weisstunoch 3.19
    10. Hier bin ich geboren (Soundtrack-Version) 3.52
    11. Trauriges Lied vom sonst immer lachenden Flugzeug 1.43
    12. Und musst du weinen (Soundtrack-Version) 4.21
    13. Keine Zeit mehr 4.36 Gesamt: 17.41

  1. 3.

    D-Seite (Bonus-Seite)
    14. Kann mich nicht erinnern (Scheer-Version) 2.27
    15. Hochzeitslied (Soundtrack-Version) 3.10
    16. Brunhilde (Film-Version) 1.15
    17. Männer und Frauen (Film-Version) 2.27
    18. Hier bin ich geboren (Film-Version) – 3.52
    19. Gras (Scheer-Version) 2.52

Buschfunk
Was Ihnen auch gefallen könnte!