Medium | 2CD |
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Künstler / Autor | Reform |
Veröffentlichung | 30.04.2021 |
Teaser / Slogan | Alles von Reform - Eine Anthologie und Werkschau, 12 seitiges Booklet |
Artikelbeschreibung
Die drei Studio-Alben „Reform“ (1979), „Der Löwenzahn“ (1982) und „Uhren ohne Zeiger" (1985) brachte die aus Magdeburg stammende (der Stadt) und hervorgehende (der Band) Gruppe um Stefan Trepte bis Mitte der achtziger Jahre heraus. Herausragend auch die Musiker wie Jörg Blankenburg, Ritchie Barton (Silly), Michael Lehrmann (u.a. Stern Combo, Vroni Fischer Band), Hans, die Geige, Wintoch oder Reinhard Repke, der später mit Rockhaus ein und viel später mit dem „Club der toten Dichter“ sein neues Projekt fand. Brillante Songs, die zu zeitlosen Klassikern avancierten. Ein fetter Eintrag in die Geschichtsbücher des Rock „Made In GDR“ ist Reform garantiert. Hier ERSTMALS die Anthologie ! Alles von Reform-Eine Anthologie und Werkschau, 12 seitiges Booklet
In Booklets geblättert: Der Konzertveranstalter Hartmut Helms erinnert sich:
Von Magdeburg aus drang 1975 ein Ruf in die begrenzte DDR: Wir setzen eine neue Norm – Reform! Diesen Anspruch hatte sich Jörg „Matze“ Blankenburg auf seine Gitarre geschrieben. Nach der 1975er Tour des Projektes FUSION – Klosterbrüder & Stern Combo Meißen gemeinsam auf einer Bühne – stieg der Gitarrist bei den Klosterbrüdern aus. Ebenso ging es Werner Kunze, der nach der Ausrichtung der Stern Combo Meißen auf die Tasten quasi „übrig blieb“.
Die Zwillings-Gitarren der DDR waren geboren. Mit Peter Piele an den Drums plus „Bass-Bomber“ Mike Demnitz als Rhythmus-Gruppe und Sänger Frank Schönfeld war Reform, deren Namensgebung ein Kompliment an den neuen Magdeburger Stadtteil Reform war, komplett. Die Band besetzte eine kleine Nische irgendwo zwischen wuchtigem Art-Rock und filigraner Rock-Lyrik. Sie wirkten kunstvoll, hitzig, verspielt und sehr leidenschaftlich und schafften es, die verschiedenen Spielweisen miteinander zu einer kompakten Soundmelange zu verschmelzen. Das gelang vor allem, als der charismatische Sänger und Komponist Stephan Trepte, von Lift und Electra kommend, 1977 dazu stieß und zunehmend das Klangbild mit seiner stimmlichen Präsenz und der fein gesponnenen Lyrik, die ihm meist Ingeborg Branoner schrieb, prägte. Davon zeugen die drei bei Amiga veröffentlichten Langspielplatten.
Mit Trepte hatte REFORM einen der expressivsten Rock-Shouter des Landes am Mikrofon, der noch dazu jenen Drang mitbrachte, seine Grenzen ständig neu auszuloten. Stephan Trepte wurde das optische Aushängeschild und die von den Fans ersehnte Verkörperung des Rock’n’Roll als Identifikationsfigur. Entsprechend stürmisch, brachial und überzeugend konnte die Band live wirken und genau so erlebte ich Reform im Mai 1978 auf meiner Konzertbühne und bewahre die Erinnerung daran bis heute in mir auf. In diesem Stadium strömten immer mehr Fans zu Reform-Konzerten. Das blieb natürlich auch den Medien nicht verborgen. Als logische Folge erschien 1978 bei Amiga eine erste Single mit „Ich suche dich / Mein Freund“, quasi als Vorbote der ersten Langspielplatte „Reform“ (1979).
Auf dieser „Lieder-Sammlung“ waren neben der o.g. Single-A-Seite „Ich suche Dich“ auch das zehnminütige Kunze-Meisterwerk „Feuerball“, sowie die beiden populärsten Hits dieser ersten LP „He Schwester küss mich“ und „Dicke Bohnen“. Bei Konzerten erlebte man den stets beeindruckenden Stephan Trepte, der mit seinen Balladen jeden mit auf eine Reise der Emotionen nahm und mit „He Schwester küss mich“ das pure Verlangen aus sich heraus stieß, wenn er „gut, gut, gut“ intonierte und mit dem Mikrofonständer so agierte, dass deutlich zu sehen war, wie seine Interpretation gemeint ist. Die beiden Gitarristen nahmen dieses Spiel auf und führten es solistisch weiter, um letztlich in furiosen parallelen Saitenläufen einen exzellenten Höhepunkt zu setzen. Niemals wieder habe ich zwei deutsche Gitarren so harmonisch und aus einem Guss schwierige Passagen, miteinander oder gegenläufig spielend, live erlebt. Dieses Duo war seinem internationalen Vorbild Wishbone Ash ebenbürtig und Mike Demnitz am Bass konnte sein Instrument regelrecht traktieren, ehe er sich in eines seiner legendären Soli hinein steigerte, bei denen zumeist ein Bierglas „geopfert“ wurde. Die Band war ein Live-Erlebnis besonderer Art.
Reform tourte ständig kreuz und quer durch die Republik und im (sozialistischen) Ausland. Die Musiker arbeiteten weiter an neuen Liedern, die meist aus der Feder von Stephan Trepte kamen. Die Lyrikerin Ingeborg Branoner schuf adäquate Texte für diese Ideen, in denen sie kleine Alltagsgeschichten oder soziale Reibungen spiegelte. Diese effektive Zusammenarbeit hielt über alle Jahre des Bestehens der Band. Im Jahre 1981 erschien die Single „Der Löwenzahn / Schöner Traum“ als Vorgeschmack auf das zweite Album „Der Löwenzahn“, das Reform 1982 vorlegte. Inzwischen hatten Werner Kunze und auch Peter Piele Reform in Richtung Ute Freudenberg verlassen und Günter „Grete“ Fischer (git) und Peter „Beppo“ Förster (dr) sowie Hans „Die Geige“ Wintoch ergänzten die Band mit neuen Klangfarben. Der Sound war noch immer dicht gewebt, die Kompositionen anspruchvoll und die Texte von „Der Löwenzahn“ über „Wenn die Blätter fallen …“ und „Schöner Traum“ „formulierten“ die Sehnsüchte und Erwartungen der Fans. Die strömten weiter in die Konzerte, wo sie Reform in allerbeste Spiellaune mit dem immer wieder überragendem Frontmann Trepte erlebten, der mit „Hans die Geige“ einen nicht minder expressiven Rocker mit seiner Violine an der Seite hatte. Reform war dort angekommen, wo sie alle in der DDR sein wollten – an der Spitze, in den Medien und vor allem bei der immer größer werdenden Fanschar.
Nach der zweiten Langspielplatte veränderte sich die Besetzung der Band erneut gravierend. Wintoch startete eine Solo-Karriere, Marcus Schloussen übernahm den Bass, Thomas Kolbe die Tasten und Christian Jähnig das Schlagzeug. So aufgestellt, rockte die Band weiter über die Bühnen des kleinen Landes und spielte 1985 ihr drittes Album „Uhren ohne Zeiger“ mit einigen Gästen ein. Darauf sind sehr persönliche Momentaufnahmen des Sängers Trepte eingefangen, die in der kongenialen Partnerschaft zwischen Trepte und seiner Texterin Ingeborg Branoner ihre Basis haben. Der Sound der Lieder ist, dem poppigen Zeitgeist der 1980er Jahre entsprechend, mehr rhythmisch akzentuiert und tanzbarer gestaltet, wie man bei „Hoppe Reiter“ oder beim „Tänzer“ gut nachvollziehen kann. Auf der LP findet sich auch eine Live-Aufnahme von „Mein Herz soll ein Wasser sein“ – der Song, den Stephan als eines seiner Lieblingslieder von Lift mitbrachte. Nach wie vor leben all die Aufnahmen von der vokalen Gestaltungskraft eines Stephan Trepte. Mit dieser dritten Platte schien allerdings das Potential weitgehend ausgereizt. Matze Blankenburg verließ die von ihm gegründete Band wegen zunehmender Hörprobleme. Mit Michael Lehrmann an der Gitarre sowie Reinhard Repke am Bass versuchte man 1986 das Projekt am Leben zu erhalten, löste es aber kurze Zeit später doch auf.
Nach drei Langspielplatten mit einem Dutzend brillanter Songs, die zu zeitlosen Klassikern avancierten, und ungezählten Konzerten in rund zehn Jahren, verabschiedete sich Reform in die Geschichtsbücher des Rock „Made In GDR“. Alle drei Scheiben präsentieren unterschiedliche Kompositionen, sind dennoch vom typischen Soundbild der Band und der prägnant einzigartigen Gestaltungskraft des Frontmannes Stephan Trepte, im Verbund mit dem grandiosem Saitenspiel der Zwillingsgitarren von Matze Blankenburg, Werner Kunze und Günter Fischer geprägt. In der Besetzung Blankenburg, Kunze, Trepte, Piele und Demnitz repräsentierte Reform für einige Zeit das Maximum des Möglichen. Stephan selbst verstand Reform immer als seine Heimat und genau so brachte er sich ein. Auf den Bühnen blühte er auf, er wirkte ungemein explosiv, wild, lasziv und für die weiblichen Fans sicher auch sexy. Wie so manche andere Ikone jener Tage lebte er all das auch aus. Er war einer der wenigen, die es verstanden, eigene Emotionen und Befindlichkeiten in die Sprache aller zu übersetzen und sowohl sicht- als auch hörbar Reform-Songs lebendig werden zu lassen. Von all dem kann man sich hier noch einmal überzeugen.
Ergänzt werden die 3 LPs durch teils unveröffentlichte Bonustracks sowie ein Instrumentalstück mit dem wunderbaren Solo von Hans, die Geige und einer Aufnahme des nur live aufgeführten Originals von „Vision der Fluss“ mit dem ursprünglichen, aber damals verbotenen Text. Der Hörer sollte sich die Zeit nehmen und, je nach Lebensalter und Erfahrung, dem Klang und den Botschaften jener Jahre nachlauschen oder sie neu entdecken und entspannt mit heutigen Klangbildern abgleichen. Man wird so oder so überrascht sein oder sich erinnern, wenn man, so wie ich, mittendrin und dabei gewesen ist.
Hartmut Helms – ehemaliger Veranstalter von Rockkonzerten, heute begeisterter „Rockrentner“ –
März 2021
- 1.
CD 1:
1. DRACHENTÖTER 3:15
2. ICH SUCHE DICH 7:07
3. FEUERBALL 10:00
4. WIE IM FILM 3:18
5. HE, SCHWESTER, KÜSS MICH 4:50
6. DICKE BOHNEN 5:07
7. DER TOD UND DAS MÄDCHEN 4:05
8. DAS HAB ICH NICHT SO GERN... 6:16
9. DER LÖWENZAHN 6:00
10. ÜBER UNS 4:40
11. WENN DIE BLÄTTER FALLEN 5:04
12. STADTGESICHT 7:15
13. SCHÖNER TRAUM 5:51
- 2.
CD2 :
1. WIE EIN BAUM 7:36
2. UHREN OHNE ZEIGER 3:25
3. HOPPE REITER 3:37
4. WAS ICH LIEBE 3:58
5. SCHLAF MEIN SOHN 4:02
6. DAS TIER IN MIR 2:55
7. STRANDGUT 3:50
8. TÄNZER 4:18
9. STEHAUFMÄNNCHEN 2:24
10. ATEMLOS 4:31
11. SOLDAT VOM DON 6:26
BONUSTRACKS: MEIN FREUND 4:44
13. HAU AB 3:48
14. TÄTOWIERTE HERZEN 4:14
15. DER FLUSS (DEMO) 6:53
16. PLANETENBLUES (LIVE) 8:39